Warum bloß Marathon in  Bertlich im Dezember ?

 

Meine Saisonplanung sieht normalerweise zwei Marathonläufe vor, die ich versuche auf Bestzeit zu laufen. Im Frühjahr in Duisburg bin ich in meinem 2. Marathon erstmalig unter 4 Stunden geblieben. Saisonziel war demnach durch kontinuierliches Training im Herbst die Zeit zu bestätigen bzw. wenn möglich zu verbessern.

 

Ich hab dann mein Training ein bisschen umgestellt und Intervalle bzw. Tempodauerläufe einmal die Woche mit ins Programm genommen. So lief die 2. Jahreshälfte mit einer sehr guten Trainingsvorbereitung ab. Das der Münchenmarathon dann nicht geklappt hat ist eine andere Sache. Nachdem meine Blutdruckwerte ca. 2 Wochen später alle wieder Top waren reifte in mir sofort die Überlegung: Wo kann ich dieses Jahr noch einen Marathon laufen?

Durch meine Arbeit im Vollcontischichtdienst hab ich auch nicht jedes Wochenende zur Verfügung. Also Laufkalender geschnappt und Termine abgeglichen. Leider lies sich  da erst Bertlich im Dezember machen. Warum eigentlich nicht?

 

Jetzt waren noch ca. 7 Wochen mit einem sinnvollen Training zu überbrücken. Also erstmal wieder die langen Läufe gemacht. Es lief eigentlich sehr gut. Vor 2 Wochen dann bin ich den letzten "Langen" am Donnerstag gelaufen. Am Samstag hat mich dann mein Laufkollege noch zu einem 10er in Bergkamen überredet.

Dieser Testlauf über 10k in 43:45 gab mir dann den letzten Kick es in Bertlich mal auf sub 3:45 zu versuchen.

 

Mein banger Blick in der letzten Woche galt hauptsächlich diverser Wettermeldungen. Oje da kommt nichts Gutes auf mich zu. Mein Laufkollege, der mich begleiten wollte, fiel dann auch noch wegen Krankheit aus. Aber jetzt galt :

 

  Junkies kneifen nicht und lächeln am Berg !

 

Sonntagmorgen hab ich mich dann auf den Weg nach Herten gemacht. In meiner Sporttasche hatte ich für jedes Wetter die passende Bekleidung mit. (Ich habe eine große Tasche) Wollte mich dann kurz vor dem Start entscheiden was ich anziehe.

 

In Bertlich angekommen ging's erstmal zur Anmeldung. Eine Voranmeldung gibt es dort nicht. So kann man sich noch kurz überlegen welche Strecke man laufen möchte. Der Meldetisch für den 15 km Lauf war rappelvoll. Am Anmeldetisch für die Marathonläufer stand kein Mensch. Feiglinge! Nach der Einschreibung hab ich mir noch kurz die Örtlichkeiten angeschaut und bin dann wieder zu Wagen zurück um mich umzuziehen.

 

Nach einigem hin und her und mehrmaligem Blick zum Himmel und aufs Thermometer hab ich mich dann für die Regenjacke und ¾ Tight entschieden. Wie sich später rausstellte war gerade die Jacke eine richtige Wahl. Die Waden noch mit einer wärmenden Creme versehen, die Pulle Ultrabuffer in der Hand ging es dann zum Start.

 

Pünktlich um 10:30 Uhr wurden dann die ca. 80 Marathonläufer auf die Strecke geschickt. Ich weiß nicht genau wie viel wir beim Start waren. Im Ziel waren es nachher nur noch 66. Habe mit einigen unterwegs gesprochen, die nach 28 km aussteigen wollten.

 

Die Strecke in Bertlich ist für einen Marathonlauf nicht 100%ig ideal. Man durchläuft 3 Runden je 13,9 km und dann ins Ziel auf den Sportplatz. Der Belag ist recht rauh und weist viele Ausbrüche auf.

Mein Lauf war im Grunde recht unspektakulär. Ich habe auf den ersten km so mit 5:20/km begonnen um nicht sofort bei dem kalten Wetter zu überpacen. Bei km 6 setzte dann der Regen ein, der mich bis zum bitteren Ende begleiten sollte. Der Wind wurde auch immer stärker. Einmal hat es mir die Kappe vom Schädel geweht. Nachdem ich dann recht warm war bin ich auf den nächsten km so Zeiten um 5:10 gelaufen. Bei km 28, also am Ende der 2. Runde, war ich auf einer Zielzeit von 3:40 unterwegs.

 

Jetzt kam der Punkt, an dem mentale Stärke gefordert war. Direkt vor mir stiegen wieder 2 Läufer aus dem Rennen aus. Als dann der Streckensprecher über Lautsprecher rief: " Und jetzt geht Matthias Vogel von den Endorphinjunkies.de in die letzte Runde" hab ich den Daumen gehoben und gelächelt. Schlimmer konnte es ja nicht mehr werden. Ich war nass bis auf die Haut und in den Schuhen war auch schon ein See. Wundert mich eigentlich, dass ich mir keine Blasen gelaufen habe. Die letzte Runde lief dann wie folgt ab:

von km 28 - 32 war alles im Lack

von km 32 - 35 hab ich noch ein paar Läufer die vor mir lagen geschnappt und war euphorisch

von km 35 - 37 hatte ich ein kleines Tief (war ich vorhin doch zu schnell)

von km  37 -40 hab ich dann ein bisschen rausgenommen um nicht zu viel zu riskieren.

bei km 40 hätte mich fast ein Mädchen umgerannt, die damit beschäftigt war Becher einzusammeln.

Ich konnte gerade noch zur Seite springen.

ab 40 bis ins Ziel  dann Augen zu und durch.

Der Streckensprecher kurz vor dem Ziel beglückwünschte mich und dann ging es auf eine letzte Runde auf einen menschenleeren Sportplatz. Enttäuschung pur !!! Ich hätte heulen können. Da quält man sich über 42 km und im Ziel stehen gerade mal 4 Zeitnehmer.

 

Ich bin mit einer neuen PB von 03:38:49 deutlich unter den von mir angestrebten  3:45 geblieben.

Platz 3 in meiner Altersklasse ist gleichzeitig auch meine beste Platzierung bei einem Lauf.

So richtig kam aber keine Freude auf. Erst als ich langsam wieder auftaute und im Auto saß konnte ich mich richtig freuen.

 

Resümee:

  • Wenn es nicht unbedingt sein muss, dann keinen Marathon in Bertlich.

  • Kein Wärmegel im Auto benutzen. Die Karre stinkt immer noch.

  • Meine Laufklamotten waren heute Morgen in der Waschmaschine nicht so nass, wie ich sie gestern ausgezogen habe.

 

Einen hab ich noch:

Ein besonderer Dank gilt meiner Frau, die mir die Zeit für das Training ermöglicht.

Nur ein Ehepartner mit genügend Toleranz erträgt einen Marathonläufer.

 

Zusätzlich möchte ich noch mal hier meinem Kollegen Gerhard recht herzlich dafür danken, dass er für mich die 12 Stundenschicht am Sonntag übernommen hat und mir so den Lauf erst ermöglicht hat.

 

 

Gruß Matthias